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Mittwoch, 6. Februar 2013

Von "Lagern" und "Pogromen"

Ich habe mal wieder ein schockierendes Geständnis zu machen: Ich habe einige Jahre lang im Versandhandel gearbeitet. Genauer gesagt, im Kundenservice eines Teleshopping-Senders. Einen festen Leitfaden für Kundengespräche hatten wir da nicht, jedenfalls nicht in systematischer, schriftlich fixierter Gestalt; aber die Abteilungsleitung legte einige Sprachregelungen fest, an die wir uns strikt zu halten hatten. So wurden wir zum Beispiel angehalten, jene Abteilung unseres Unternehmens, die intern stets nur "das Lager" genannt wurde, im Kundengespräch grundsätzlich als "die Versandabteilung" zu bezeichnen. Grund: Das Wort "Lager" sei negativ konnotiert und könne unerwünschte Assoziationen hervorrufen.

Wir fanden das damals alle reichlich albern und machten untereinander unsere Scherze darüber; aber es scheint wohl doch was an der Sache dran gewesen zu sein.

Kürzlich, am 01.02.2013, erschien in der WELT ein von Paul Badde und Gernot Facius geführtes Interview mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. Darüber, dass dieses Interview im Ganzen nicht gerade eine journalistische Glanzleistung darstellt, hat Alipius bereits das Nötige gesagt; lediglich eine Aussage des Erzbischofs war geeignet, größere Aufmerksamkeit zu erregen, und tat das natürlich auch:
"Gezielte Diskreditierungskampagnen gegen die katholische Kirche in Nordamerika und auch bei uns in Europa haben erreicht, dass Geistliche in manchen Bereichen schon jetzt ganz öffentlich angepöbelt werden. Die daraus entstandene Stimmung sieht man in vielen Blogs. Auch im Fernsehen werden Attacken gegen die katholische Kirche geritten, deren Rüstzeug zurückgeht auf den Kampf der totalitären Ideologien gegen das Christentum. Hier wächst eine künstlich erzeugte Wut, die gelegentlich schon heute an eine Pogromstimmung erinnert."
Tags darauf meldete sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zu Wort und beschwerte sich, die vom Erzbischof angestellten "Vergleiche mit dem Holocaust" seien "geschmacklos".

Holocaust?

Die deutschsprachige Wikipedia definiert den Begriff "Pogrom" als "die gewaltsame Ausschreitung gegen Menschen, die entweder einer abgrenzbaren gesellschaftlichen Gruppe angehören oder aber von den Tätern einer realen bzw. vermeintlichen gesellschaftlichen Gruppe zugeordnet werden. Häufig sind es politische Gruppen [...] oder religiöse Gruppen". Das ist schon noch etwas Anderes als der systematische Massenmord der Nazis an den Juden Europas; aber richtig ist, dass die Nazis durchaus auch Pogrome veranstaltet haben - am Bekanntetsen sicher jenes vom 9. November 1938 ("Reichskristallnacht"). Und wenn ein durchschnittlich (halb-)gebildeter Deutscher einen Begriff hört, der ihm unter anderem im Zusammenhang mit den Nazis geläufig ist, dann verbindet er ihn - wie das oben genannte Beispiel "Lager" zeigt - gern in erster Linie mit den Nazis. Über die psychologischen Ursachen dieses Phänomens will ich hier nicht spekulieren; entscheidender ist die Frage: Kann man - kommunikationstheoretisch ausgedrückt - den Sender einer Botschaft für die Assoziationen verantwortlich machen, die diese beim Empfänger auslöst?

Keine Bange: Man kann und wird. "In seiner Position hätte er wissen müssen, wie seine Äußerungen in der Öffentlichkeit ankommen", so wird argumentiert. Im bereits zitierten Wikipedia-Artikel heißt es zwar "Früher verwendete man den Begriff nur, um Ausschreitungen gegenüber Juden zu benennen; der Sprachgebrauch hat sich ausgedehnt"; aber was soll's - dann wird der Sprachgebrauch jetzt eben wieder eingeengt, damit man dem Erzbischof einen geschmacklosen Holocaust-Vergleich ankreiden kann.

Bleibt man hingegen beim "ausgedehnten" Verständnis des Begriffs "Pogrom", dann bleibt festzuhalten, dass es in Nordamerika unbd Europa - jenen Weltteilen also, von denen Erzbischof Müller sprach - anders als etwa im Irak, in Syrien oder Ägypten (noch) keine gewaltsamen Ausschreitungen gegen Christen in solchen Ausmaß gibt, dass sie die Bezeichnung "Pogrom" rechtfertigen würden. Das hat der Präfekt der Glaubenskongregation aber auch gar nicht behauptet. Sondern, um es noch einmal zu wiederholen: "Hier wächst eine künstlich erzeugte Wut, die gelegentlich schon heute an eine Pogromstimmung erinnert." Wer auch das noch für übertrieben hält, dem empfehle ich, sich die Leserkommentare zu einem beliebigen SPIEGEL- oder WELT-online-Artikel mit Kirchenbezug anzuschauen und sich daneben ein wenig über die jüngsten Fälle von Brandstiftung in Kirchen zu informieren.

Darüber hinaus möchte ich auf die folgenden Blog-Artikel verweisen:

-- Es ist ein bemerkenswertes Phänomen, dass kontroverse Äußerungen gern Reaktionen auslösen, die in ihrem Furor gerade das bestätigen, was sie bestreiten wollen. Als im Herbst 2006 ein aus dem Kontext gerissenes und dadurch missverständliches Zitat aus der Regensburger Rede Papst Benedikts XVI. durch die Medien der Welt ging, fanden sich sogleich Muslime, die vor lauter Empörung darüber, dass der Islam als gewalttätig und inhuman dargestellt wurde, Kirchen anzündeten und Ordensfrauen ermordeten. So weit sind wir, wie gesagt, hierzulande noch nicht; aber hierzulande genügt Erzbischof Müllers Wort von der "Pogromstimmung" schon, um einige Kommentatoren zu veranlassen, ebendiese Pogromstimmung - von der sie ja sagen oder meinen, dass es sie gar nicht gibt - weiter anzuheizen.

Nachdem die bereits erwähnte Stellungnahme der Bundesjustizministerin eher wirr und hilflos ausgefallen war - Frau Leutheusser-Schnarrenberger sprach wolkig und kontextfern von "unterschiedliche[n] Auffassungen in unserer Gesellschaft zu aktuellen Fragen wie auch der Rolle der Ehe, Familie und eingetragenen Lebenspartnerschaften" und davon, dass die Kirche "sich nicht durch Verweis auf vermeintliche Sonderstellung ihrer Verantwortung entziehen" könne -, schlug, wiederum einen Tag später, die Bündnis 90/Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bedeutend schärfere Töne an. Ihre Kritik galt nicht allein dem bösen Wort von der "Pogromstimmung", sondern zugleich dem Umstand, dass der Präfekt der Glaubenskongregation "den Modernisierungsanstrengungen von liberalen Kräften und Laien in der katholischen Kirche, die sich für die und in der Gesellschaft von heute engagieren wollen", den Boden entziehen und "die katholische Kirche am liebsten wieder ins Mittelalter zurückbeamen" wolle; sodann machte Frau Roth den in ihren Augen zutiefst reaktionären Kurs des obersten Glaubenshüters mehr oder weniger direkt für die (angebliche) "eiskalte Abweisung einer vergewaltigten Frau durch eine katholische Klinik" in Köln verantwortlich und ging dazu über, der Kirche unverhohlen zu drohen: "Wenn die katholische Kirche so auftreten soll, wie es sich Erzbischof Müller wünscht, braucht sie sich über scharfe Kritik in demokratischen Gesellschaften von heute nicht zu wundern."

Raue Zeiten für die Kirche also; aber das war ja nicht nur für Erzbischof Müller schon länger absehbar. Klar ist: Was die Kirche jetzt braucht, das sind engagierte Katholiken - ob Geistliche oder Laien -, die den Mut haben, öffentlich aufzustehen und zu sagen --
-- die Kritiker der Kirche haben Recht, die Kirche ist selbst schuld an der Feindseligkeit, die ihr entgegenschlägt, und soll sich bloß nicht noch darüber beschweren.
Tatsächlich? Ist es das, was wir brauchen? - Es scheint so; jedenfalls wird ein Blogbeitrag des katholischen Priesters Carsten Leinhäuser, dessen Thesen sich leicht zugespitzt so zusammenfassen lassen  wie oben geschehen, seit Tagen in sämtlichen mir zugänglichen sozialen Netzwerken gefeiert wie eine Offenbarung. "Endlich sagt's mal einer", scheint der Tenor der Reaktionen zu lauten; ich aber sitze da und schüttle den Kopf.

Gewiss: Kirche braucht Selbstkritik, immer, und in schweren Zeiten ganz besonders. Ich kann und will auch nicht leugnen, dass Hochwürden Leinhäusers Kritikpunkte an der öffentlichen Selbstdarstellung der Kirche zum Teil (!) durchaus stichhaltig sind. Etwa, wenn er - gleich an erster Stelle - beklagt, wie schlecht die Aufkündigung der Zusammenarbeit der Deutschen Bischofskonferenz mit Christian Pfeiffers Institut KFN bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals öffentlich kommuniziert worden sei. In der Tat könnte man die Kritik hier sogar noch weiter treiben, könnte die Frage aufwerfen, ob man einen solchen Eklat nicht hätte vermeiden können, wenn man schon früher Konsequenzen aus den offenkundigen Differenzen zu Pfeiffer gezogen hätte, oder ob es nicht von vornherein Indizien dafür gegeben habe, dass Pfeiffer nicht der geeignete Kooperationspartner für das Projekt "Missbrauchsstudie" war. Freilich ist es leicht, im Nachhinein gute Ratschläge zu geben, wenn man nicht zu den Entscheidungsträgern gehört hat; dennoch ist der Ärger darüber, dass die Deutsche Bischofskonferenz durch ihr ungeschicktes Vorgehen selbst zur negativen Wahrnehmung der Kirche in der Öffentlichkeit beiträgt, verständlich und legitim.

In anderen Punkten ist Carsten Leinhäuser vorzuwerfen, dass er nicht differenziert, seine Kritik nicht konkret (und damit überprüfbar) macht und z.T. die Sichtweise der Kirchengegner allzu unhinterfragt übernimmt - so im Fall des Kölner Klinikskandals, wo man, wenn man es denn zur Kenntnis nehmen wollte, inzwischen wissen könnte, dass die Behauptung, zwei katholische Krankenhäuser hätten einem Vergewaltigungsopfer die medizinische Versorgung verweigert, einfach nicht stimmt.

Und zu guter Letzt schießt Hochwürden Leinhäuser sich dann auf die "'katholische[n]' Blogs und Nachrichtenseiten" ein, die seiner Meinung nach alles nur schlimmer machen, indem sie "aus vollen Kanonenrohren auf die böse Presse" schießen: "Dabei wird verbal hochgerüstet und mit Tiefschlägen nicht gespart." Dass er das Wort "katholische" hier in Anführungszeichen setzt, gibt bereits zu denken - zumal er den Betreibern jener Blogs und Nachrichtenportale, die er hier meint (ohne Beispiele zu nennen), wenige Zeilen darauf vorwirft, sie würden sich für "die wahren Katholiken" halten. Findet hier ein Wettbewerb im Einander-das-Katholischsein-Absprechen statt?

Derartige Generalangriffe auf die katholische Blogoezese, der er selbst doch irgendwie auch angehört, liest man bei Carsten Leinhäuser übrigens nicht zum ersten Mal. In einem Blogbeitrag zum 13jährigen Bestehen seiner Seite vaticarsten.de sagt er von sich selbst: "Einer der 'Vorreiter' im kirchlichen Kontext in Deutschland zu sein fand ich absolut spannend"; fügt dann hinzu, er blogge selbst nur noch "sporadisch"; und nutzt sein Jubiläum, um bei seinen Lesern für das Bloggen zu werben: "Das wäre doch mal eine Aufgabe für motivierte, glaubensbegeisterte junge Menschen, oder?" - Das ist es zweifellos, und nicht unbedingt nur für junge. Wer sich etwa ansieht, wie häufig die über 300 deutschsprachige Blogs (und darunter durchaus auch vaticarsten.de!) umfassende Blogliste des Predigtgärtners Neuzugänge zu verzeichnen hat, der könnte den Eindruck bekommen, Vaticarsten renne mit seinem Aufruf offene Türen ein. Dass es "[m]ittlerweile [...] jede Menge 'katholische' & christliche Blogs" gibt (auch hier wieder bzw. schon "katholische" in Anführungszeichen!), ist Hochwürden L. durchaus bewusst , aber deren Qualität schätzt er als "extrem unterschiedlich" ein - was dem Wortlaut nach bestimmt eine zutreffende Feststellung ist, aber im Kontext klingt es nach "der Großteil taugt nichts". Zu Hochwürden L.s Einschätzung der Qualität der katholischen Bloggerszene stand in einer früheren Fassung des Jubiläumsartikels zu lesen: "In manchen Bereichen arbeitet man hauptsächlich mit Unterstellungen, Beschimpfungen, Bashing und Trollerei, was mehr als fragwürdig ist"; da war es also wieder, das beliebte Klischee von der "stramm rechtskatholischen sogenannten Blogoezese". Diese Passage wurde vom Autor später gestrichen; womöglich war ihm aufgegangen, dass sie selbst ein wenig nach "Bashing und Trollerei" aussah...

Was (mir) hier (unangenehm) auffällt, ist Vaticarstens ausgeprägtes -- ich nähere mich begrifflich wieder meinem Ausgangspunkt -- "Lagerdenken". Dass er den Begriff "Lager" nur mit einem gewissen Unbehagen in den Mund bzw. unter die Finger nimmt ("Sorry, mir fällt kein besseres Wort ein"), ändert nichts daran, dass er die katholische Bloggerszene in diesen Kategorien sieht; in einer Zwischenbilanz zur Rezeption seines oben angesprochenen Artikels Zwischen Kopfschütteln und Fremdschämen - aus der ich auch das letzte Zitat entnommen habe - äußert er, "Katholiken (und Christen) aus ALLEN theologischen 'Lagern'" hätten ihm auf seinen Beitrag geantwortet; woher weiß er das? Hat er eine Sinus-Mileustudie seiner Blogleser und -kommentatoren durchführen lassen? Und wieviele solcher "Lager" gibt es? Aber weiter: Von den Reaktionen seien "[w]eniger als 5% negativ", und diese stammten "ausschließlich aus einer theologischen 'Ecke'", auf die er aber leider "nicht näher eingehen möchte". Man ahnt, dass es diejenige "Ecke" ist, über die er sich schon in weiter oben aufgeführten Zitaten echauffiert hat. Die Hardliner, die Ultras. Hier erscheinen sie nur als Randgruppe (unter 5%), aber sie scheinen doch stark genug zu sein, um ihnen bei jeder Gelegenheit den Kampf ansagen zu müssen.

Mich erinnert das stark an einen unlängst bei Cicero verlinkten und kommentierten, auf dem Internetportal "Kreuz und Quer" wiedergegebenen Artikel des "Kirchenboten für das Bistum Osnabrück", in dem es über die "Macher" von "Kreuz und Quer", die "mehrheitlich eng mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verbunden" seien, heißt, sie wollten "auch ein Zeichen setzen gegen den gegenwärtigen Rechtsruck im Internet. Nach Ansicht der Herausgeber dominieren dort seit einigen Jahren eher die Blogs von Christen aus dem konservativen und zum Teil sogar extremistischen Spektrum das Meinungsbild." Zu Recht kritisiert Cicero in seiner Stellungnahme die "pauschale[n] Zuweisungen von rechtsgeruckt, konservativ, extremistisch", die den Eindruck erweckt, alles, was in Kirchenfragen konservativer sei als der Mainstream des deutschen Gremienkatholizismus von ZdK, BDKJ & Co., stehe mehr oder weniger auf einer Stufe mit dem mittlerweile verdientermaßen im Orkus verschwundenen kreuz.net oder der Piusbruderschaft. Und genau diesen Eindruck erweckt auch Carsten Leinhäuser, wenn er jene knapp 5%, die es wagen, nicht seiner Meinung zu sein, undifferenziert "einer" theologischen "Ecke" zurechnet, auf die er aber "nicht näher eingehen" mag.
Wie schädlich dieses "Lagerdenken" ist, erfahre ich gerade am eigenen Leibe. Ich habe mich nie als "Hardliner" gesehen und möchte keiner sein; auch ich stolpere hin und wieder auf Blogbeiträge, -kommentare und Artikel auf katholischen Nachrichtenportalen, die mir zu extrem sind, sei es in der Sache oder im Tonfall. Diese betrachte ich aber keinesfalls als repräsentativ für die deutschsprachige katholische Blogoezese.  Wenn jedoch eine Trennlinie gezogen wird zwischen denen, die sich permanent für ihre Kirche entschuldigen zu müssen glauben ("Wir sind zwar katholisch, aber wir sind gar nicht so! Habt uns lieb!"), und denen, die die Kirche gegen tendenziöse Berichterstattung, Verleumdungen und Beschimpfungen verteidigen und sich auch da zur authentischen Lehre der Katholischen Kirche bekennen, wo das unpopulär ist (und wo, möchte man bald fragen, wäre es das nicht?), dann unterliegt es für mich keinem Zweifel, in welches "Lager" mich das treibt. Zumal ich diese strikte und polemische Abgrenzung fast ausschließlich auf der "liberal-katholischen" Seite sehe, während jene Blogs aus dem eher konservativen Lager, die ich bevorzugt verfolge - welche Blogs ich meine, davon mag meine Blogroll einen wenn auch unvollständigen Eindruck vermitteln -, in der Tendenz sehr viel mehr Dialogbereitschaft, Sachlichkeit, differenzierte Argumentation und übrigens auch mehr Humor an den Tag legen. Wenn meine Leser nun finden, ich klinge hier gerade selbst sehr polemisch, parteiisch und pauschalisierend, dann kann ich darauf nur gesenkten Hauptes erwidern: Ja, genau das meinte ich gerade, als ich schrieb, ich erführe die Schädlichkeit dieses "Lagerdenkens" am eigenen Leibe. 

In seiner schon zitierten Zwischenbilanz schreibt Carsten Leinhäuser: "Leute, ich kämpfe FÜR die Kirche. Wenn Ihr das nicht verstehen wollt, lasst es eben bleiben". Ich glaube ihm, dass er das so sieht. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das dieselbe Kirche ist, für die ich kämpfen möchte.

Abschließend bleibt mir nur noch, auf einen aktuellen Blogbeitrag von Cicero zu verweisen, den ich in diesem Zusammenhang als wesentlich betrachte. Und mir ansonsten fest vorzunehmen, mich in Zukunft wieder erfreulicheren Themen zu widmen. Die gibt es ja schließlich auch noch.

7 Kommentare:

  1. Hallo Kingbear.
    Deine Erwiderung ist sehr interessant zu lesen. In einigen Punkten habe ich jedoch den Eindruck, dass Du mich gewaltig mißverstanden hast, bzw. Dinge aus dem Kontext reißt, sie uminterpretierst bzw. verallgemeinerst.

    1.) Ich behaupte nirgends, dass Katholiken die Klappe halten sollen und sich gegen Falschbehauptungen nicht wehren dürfen. Im Gegenteil. Allerdings meine ich, dass wir uns nicht über eine tendenziöse Berichterstattung nicht wundern dürfen, da wir selbst durch unklare Kommunikation die besten Vorlagen dazu liefern. Ich meine zudem weiterhin, dass uns Katholiken das Säbelrasseln und Zähnefletschen nicht gut steht. (Der Ton macht die Musik und so...).

    2.) Ich habe Beispiele genannt (Köln) und bin bewusst nicht ins Detail gegangen. Mir ging es nicht um die inhaltlichen Fragen (Abtreibung,...) sondern auch hier zunächst um den Aspekt der Art und Weise der Kommunikation.

    3.) Es gibt keinen "Generalangriff" meinerseits gegen die katholische Blogozese. Jedoch eine starke Kritik am verbalen Verhalten und Pöbeln, dass ich in manchen Blogs beobachte. Dabei bleibt die Frage: Wie kann man ein solches Verhalten kritisieren, ohne selbst der Pöbelei bezichtigt zu werden oder eben - angepöbelt zu werden. Scheint so ne Art Henne-Ei-Problem zu sein.

    4.) Ich vergleiche mich nicht mit Jesus. Er ist mit ein Vorbild. Und wir haben beide das gleiche Alter. Da kann ich nichts schlechtes dran finden ;)

    Soviel für den Moment.
    Grüße, Carsten.

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    1. Lieber Carsten,

      erst einmal herzlichen Dank für Deine Antwort.
      Dass ich Dich in einigen Punkten einfach missverstanden habe, ist sehr gut möglich; und gemäß meiner eigenen (auf Erzbischof Müller bezogenen) Argumentation, der Sender einer Botschaft solle nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wie diese beim Empfänger ankommt, kann ich das kaum Dir ankreiden.

      (Zwischendurch, und um die später hinzugekommenen Leser nicht zu verwirren: Die Passage, auf die Du Dich unter 4. beziehst, habe ich - wie auch ein paar andere - inzwischen gelöscht, da ich eingesehen habe, dass sie unangemessen war.)

      Gleich nach Veröffentlichung meines obigen Artikels haben mich einige Bekannte wohlmeinend darauf hingewiesen, ich würde zu sehr "ad hominem" argumentieren. Tatsächlich war das nicht meine Absicht; oder genauer gesagt: es war meine Absicht, das NICHT zu tun - umso mehr, als ich mich sehr stark dazu versucht gefühlt habe, denn Dein "Kopfschütteln und Fremdschämen"-Artikel hat mich einfach sehr geärgert. Möglicherweise hätte ich diesen Ärger eher heruntergeschluckt, wenn ebendieser Beitrag nicht so ein großes Echo gefunden hätte; dann wäre das nur eine Meinungsäußerung unter vielen gewesen, die man zur Not auch hätte ignorieren können. Dass aber so viele Leser so begeisterte Zustimmung zu einem Artikel geäußert haben, den ich - entschuldige, das kann ich Dir jetzt nicht ersparen, auch wenn Du mir inzwischen schon deutlich sympathischer geworden bist - als kontraproduktiv und unsolidarisch empfinde, hat mich beunruhigt, und deshalb musste ich darauf antworten. Meine Kritik gilt somit nicht in erster Linie Dir als Person; und wenn das so aussieht, weil Dein Name so häufig fällt, dann deshalb, weil ich Deinen Text so zu sagen als Vorlage genutzt habe, um mich daran argumentativ abzuarbeiten. (Im Sinne Lessings: "Er suche sich nur erst jemanden, mit dem er streiten kann".)

      Was das "Säbelrasseln und Zähnefletschen" und das "Pöbeln" angeht, stimme ich Dir übrigens im Grundsatz vollkommen zu; nur ist es eben eine Frage der eigenen Wahrnehmung, welche Äußerungen man so empfindet. Aber das sagst Du in Deiner Antwort ja selbst - und Deinen Hinweis auf das "chicken-egg-dilemma", nach dem ich meinen Blog ja nicht ohne Grund benannt habe, finde ich da in der Tat sehr fein.

      Um noch einmal in aller Kürze meine Kritik zu präzisieren: Es ärgert mich, dass Du in einer Situation, in der der Kirche und allen, die sich entschieden zu ihr bekennen, ein scharfer Wind ins Gesicht bläst, einseitig und undifferenziert nur darauf eingehst, inwieweit die Kirche selbst daran schuld ist. (Womit Du, das habe ich ja auch schon geschrieben, im Einzelnen ja nicht völlig Unrecht hast.) Es ärgert mich, dass Du suggerierst (oder zu suggerieren SCHEINST; dass Du es so GEMEINT hast, will ich nicht behaupten), die der Kirche entgegenschlagende Feindseligkeit sei von einigen Wenigen provoziert und treffe diese zu Recht, die große Mehrheit der Katholiken aber, die ja "gar nicht so sind", zu Unrecht. Und schließlich ärgert es mich, dass Du (in Deiner Zwischenbilanz) diejenigen, die Dir widersprechen, undifferenziert in die "Ultra"-Ecke stellst und gleichzeitig marginalisierst ("unter 5%").

      Das alles ist, wohlgemerkt, nur meine Wahrnehmung, aber ganz allein stehe ich damit wohl nicht. Sollte ich Dich weiterhin falsch verstanden haben, dann wirst Du mich sicher korrigieren.

      In diesem Sinne, brüderliche Grüße,

      Tobias (KingBear)

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    2. Hallo Tobias.

      War ein langer Tag heute - deshalb halte ich mich kurz.

      1.) Ich bin Deinen Bekannten dankbar für den Hinweis, etwas weniger "ad hominem" zu schreiben und dafür, dass Du dementsprechend einige Dinge korrigiert hast, die ich tatsächlich als grenzverletzend empfand (Jesus-Vergleich).
      Ansonsten finde ich es sehr spannend, mich mit Dir zu unterhalten - denn es gelingt (leider) viel zu selten mit jemandem, der eine differierende theologische Meinung vertritt, auf einem gesunden Niveau zu diskutieren. Damit komme ich auch schon zu Punkt 2….

      2.) Ja, ich mache immer wieder die Erfahrung, dass es in der Kirche verschiedene Positionen (um das L-Wort zu vermeiden) gibt, die es nicht schaffen, auf einem Niveau miteinander zu diskutieren, welches ohne Tiefschläge, Beleidigungen oder gar Absprechen des Katholisch-Seins auskommt. Ich halte das für ein großes Ärgernis. Vor allem auch, weil ich immer wieder spüre, wie auch ich selbst von Anderen in eine theologische Schublade gesteckt werde, in der ich mich eindeutig nicht sehe. Gerade wenn das Gegenüber eine extreme Position vertritt (es fällt mir schwer, hier ohne die Worte "Links" und "Rechts" auszukommen) geschieht das sehr schnell. Für die einen bin ich die "konservative Socke", für die anderen der "linksliberale Ketzer". Mannomann. Das nervt.
      Allerdings sind wir da wieder bei dem Henne-Ei-Problem - denn auch ich komme (s.o.) nicht darum herum, Andere einem L… zuzuordnen.

      Wenn ich nun über "einige katholische Blogger und Nachrichtenseiten" schreibe, meine ich damit tatsächlich jene, die sich selbst immer wieder als "papsttreu" bezeichnen und dann in einer m.E. weit überzogenen Art und Weise über die "Anderen" schimpfen.
      Als geistlicher Leiter der Kolpingjugend in meinem Bistum bin ich z.B. Teil des BDKJ und empfinde die ständigen verbalen Angriffe auf diesen als falsch, verzerrend und übergriffig - denn es werden dabei jede Menge junger Menschen und Meinungen über einen Kamm geschert und pauschal verurteilt. Wenn ich darauf hinweise, werde ich jedoch selbst als Krawallmacher bezeichnet (Henne-Ei; Du weißt Bescheid…).

      3.) Ja, ich gehe einseitig darauf ein, inwieweit Kirche an der aktuellen Situation selbst mit Schuld trägt. Ziel und Inhalt des Artikels ist es, genau dieses Problemfeld zu beschreiben. Auf die Arbeit und das Verhalten der Medien verweise ich nur am Rande, da dies nicht Thema des Artikels ist.

      Na, ist doch mehr geworden, als gedacht. Ich mache mich jetzt an mein Pesto ran und wünsche einen schönen Abend.
      Viele Grüße, Carsten.

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    3. Lieber Carsten,

      ich glaube, ich verstehe Deinen Standpunkt (inzwischen) recht gut. Zum Teil scheinen wir auch ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben (ich allerdings wohl in geringerem Ausmaß, schon allein weil ich kein Pfarrer bin). Persönliche Animositäten können wir also wohl getrost als erledigt betrachten.

      Ich schrieb ja schon, dass mich gerade die breite Zustimmung, die Dein "Kopfschütteln und Fremdschämen"-Artikel gefunden hat, zu einer Erwiderung nerausgefordert hat. Darauf möchte ich gern nnoch näher eingehen. Ich erwähnte in meinem Artikel etwas übellaunig jene, "die sich permanent für ihre Kirche entschuldigen zu müssen glauben"; auf die Gefahr hin, einigen unserer gemeinsamen Glaubensbrüder und -schwestern Unrecht zu tun, argwöhne ich, dass Dein Text gerade denjenigen gut gefallen hat, auf die dieser Vorwurf gemünzt ist. In der augenblicklichen Situation ärgere ich mich praktisch täglich über die in vielen Diskussionen anzutreffenden "Ich bin zwar auch katholisch, aber"-Botschaften - Botschaften, aus denen der Wille spricht, sich von allem, was der Katholischen Kirche vorgeworfen wird, zu distanzieren, in vorauseilendem Gehorsam zu betonen, man finde das alles "natürlich" auh ganz schlimm - ohne zu hinterfragen, ob die der Kirche gemachten Vorwürfe überhaupt sachlich gerechtfertigt sind. Dass ich der Meinung bin, Erzbischof Müllers viel angefeindetes Wort von der "Pogromstimmung" sei durchaus vertretbar, habe ich weiter oben, wie ich glaube, erschöpfend begründet; ein weiterer Punkt wäre der Kölner Klinikskandal, der im Grunde nur deshalb ein Skandal ist, weil die Fakten in der Öffentlichkeit grob verzerrt dargestellt werden und Richtigstellungen kein Gehör finden. In diesen wie in anderen Fällen beobachte ich eine bedenkliche Neigung "liberaler" oder "gemäßigter" Katholiken, den Kirchengegnern allzu bereitwillig Recht zu geben. Im Einzelfall mag das der ehrenwerten Absicht entspringen, "Schaden von der Kirche abzuwenden", indem man das Augenmerk darauf zu lenken sucht, dass "Kirche auch ganz anders sein kann"; vielfach habe ich aber den Eindruck, dass diejenigen, die sich so äußern, in erster Linie sich selbst aus der Schusslinie bringen wollen. Nun habe ich genug Verständnis für menschliche Schwächen - da ich nur zu gut um meine eigenen Schwächen weiß -, um dergleichen im Einzelfall zu entschuldigen; ich sehe da aber die Gefahr, dass diese "liberalen" oder "gemäßigten" Katholiken diejenigen Glaubensbrüder und -schwestern, die auch da zur Lehre der Kirche stehen, wo es weh tut (Martin Lohmann ist derzeit ein prominentes Beispiel), als ihren Hauptfeind ausmachen: "Die machen sich öffentlich unbeliebt, und WIR müssen es ausbaden". Das ist das "Lagerdenken", von dem ich sprach bzw. schrieb, und das macht mir Sorge. Nicht zuletzt deshalb, weil dieses "Lagerdenken" - wie ich ja auch schon ausgeführt habe - die eher konservativen (oder "romtreuen") Katholiken umso mehr ins "Ultra"- oder "Hardliner"-Lager treibt.

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  2. Seit ca. drei Jahren bin ich katholisch, eine konversion aus einer bewußten Entscheidung heraus. Aber kaum jemand versteht es, nicht einmal viele Katholiken in meiner Gemeinde... Ich ertrage diesen Lagerkampf einfach nicht mehr, diese Einteilung in modern und konservativ - furchtbar!
    Als wäre die Kirche eine Partei aus Fundis und Realos. Ich weiß, dass ich auch als ultramontan bezeichnet werden könnte, immerhin bekenne ich mich bewußt zum Papst, zum Lehramt usw. Ich fürchte, dass was der vielzitierte "Gremienkatholizismus" anstrebt, ist einfach nicht meine Welt - mein Weg. Hier übrigens ein interessanter Artikel mit dem Titel "Sind sie Konservativ" vom "bösen" Landpfarrer: http://www.pfarrer-jolie.de/sind-sie-konservativ/

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  3. Darf man HW Vaticarten fragen warum er nicht zuerst (!) den Balken in seinem eigenen Auge sieht, wenn er folgendes schreibt:
    "Als geistlicher Leiter der Kolpingjugend in meinem Bistum bin ich z.B. Teil des BDKJ und empfinde die ständigen verbalen Angriffe auf diesen als falsch, verzerrend und übergriffig - denn es werden dabei jede Menge junger Menschen und Meinungen über einen Kamm geschert und pauschal verurteilt."
    Den von ihm in Anführungsstrichen gesetzten (und dadurch von ihm abgewerten!) katholischen Bloggern geht es doch genauso im "Fall" unserer Kirche! Denen pisst er aber gern ans Bein, wie ich finde.
    Und noch eine 2. Frage sei erlaubt: Wie ist der Vergleich seiner eigenen Person bzgl. des Lebensalters mit dem von Jesus Christus zu verstehen? Nur als Zierde (z.B. die der Bescheidenheit?) im Text eines Priesters?

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    1. Ein kleiner Zwischenruf von mir als dem "Hausherrn" dieses Blogs:

      Im Allgemeinen toleriere ich es, wenn bei mir anonym kommentiert wird.

      In diesem speziellen Fall würde ich es aber als Gebot des Anstands auffassen, dass jemand, der "HW Vaticarsten" persönlich anspricht und dabei kritische Anfragen stellt, auch seinen Namen nennt. Und wenn's ein Nickname ist.

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