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Freitag, 31. Januar 2014

Sand in unseren Augen

Man kennt das: Man hat das Gefühl, jemanden irgendwoher zu kennen, kommt aber partout nicht darauf, woher. Mal ist es ein Gesicht, das man auf der Straße oder in der U-Bahn sieht, mal ein Name, den man hört oder liest; und mal hat man eine eMail-Adresse in seinem Adressenspeicher, von der man keine Ahnung hat, wie sie da hineingekommen ist.

Letzteres würde einem wahrscheinlich in vielen Fällen gar nicht auffallen - wenn, ja wenn es nicht Apps gäbe, die permanent klüger zu sein versuchen als ihre Nutzer. Die Twitter-App meines unverzichtbaren Mobilgeräts zum Beispiel. Die schlug mir doch irgendwann im Laufe des vergangenen Jahres allen Ernstes mal einige Twitter-Nutzer vor, die ich "vielleicht kenne". Dergleichen war ich bisher nur von Facebook gewohnt, aber okay, irgendwo ähneln sich diese sozialen Netzwerke ja doch alle, trotz aller sorgfältig betonten Unterschiede. Allerdings wurden mir die besagten Personen nicht etwa auf der Basis gemeinsamer Twitter-Kontakte vorgeschlagen, sondern, weil ich ihre eMail-Adressen in meinem Adressenspeicher hatte. Ahem: Ich habe meine Twitter-App nie darum gebeten, meine eMail-Kontakte zu durchsuchen!

Aber sei's drum: Fast alle Personen, die mir da vorgeschlagen wurden, kannte ich tatsächlich. Mit einer Ausnahme: einem jungen Mann mit dem Twitter-Nutzernamen @DudeMinds. Na gut, dachte ich, folge ich ihm erst mal, dann wird sich ja vielleicht herausstellen, woher ich ihn kenne. - Tatsächlich ergaben sich bald immerhin Anhaltspunkte. Seinen Tweets zufolge lebt @DudeMinds in Berlin-Neukölln und ist Stammgast im Sandmann, einer Kneipe, die mich immer irgendwie an das "Gasthaus zum Grünen Baum" aus dem 6. Kapitel von Ferdinand Kürnbergers Roman "Der Amerika-Müde" (1855) erinnert. Diesen Punkt möchte ich hier nicht weiter vertiefen, da ich beabsichtige, darüber eine Kurzgeschichte zu schreiben; aber immerhin sieht man daran wohl, dass ich selber auch schon ein paarmal im Sandmann war. Das dürfte so zwei bis drei Jahre her sein. Vielleicht sind wir uns da mal begegnet, und er hat mir aus irgendeinem Grund seine eMail-Adresse gegeben. Ich wüsste allerdings nicht warum. Dass wir uns im persönlichen Gespräch besonders sympathisch gewesen wären, kann ich mir kaum vorstellen.

Freund (?) @DudeMinds ist in der Piratenpartei aktiv; man geht wohl nicht fehl, ihn dem linken Flügel dieser illustren Partei zuzurechnen; und zu seinen besonderen Interessengebieten scheint ein Politikfeld zu zählen, das bei den Piraten aus guten Gründen nicht einfach "Familienpolitik", sondern Queer- und Familienpolitik heißt. Mit anderen Worten, die Rechte von Menschen mit normabweichendem geschlechtlichen Selbstverständnis sind ihm ein Anliegen. Dagegen ist erst einmal nichts zu sagen. Ärgerlich ist es jedoch, dass ihm zu Standpunkten, mit denen er nicht einverstanden ist, selten mehr oder Anderes einfällt als höhnische Bemerkungen, die man füglich mit "Ihr seid doch sowieso doof" übersetzen könnte. Und zu den Personenkreisen, die seiner Auffassung nach sowieso doof sind, scheinen an prominenter Stelle Christen zu gehören. Eine Sichtweise, mit der er in seiner Partei freilich nicht allein steht.

Unlängst setzte der eifrige Twitterer - knapp 25.000 Tweets seit Februar 2010! - eine ganze Serie von Kurzbotschaften ab, in denen er aus seiner Sicht abstruse Standpunkte zu Themen wie Abtreibung, Verhütung und Homo-Ehe karikierte; Standpunkte, die, so weit ich sehe, vornehmlich von katholischen, zum Teil auch von evangelikalen Christen vertreten werden. Sein kopfschüttelndes Fazit:


Stimmt, das wäre eine Lösung. Alternativ dazu könnte man natürlich auch erst mal versuchen, sich mit fremden Standpunkten inhaltlich auseinanderzusetzen, ehe man sie in Bausch und Bogen für Blödsinn erklärt. Aber dass der @DudeMinds das Denken lieber Anderen überlässt, ist wiederum etwas, womit er in seiner Partei nicht allein steht - dazu später mehr. - Im ersten Moment gaben mir die Tiraden meines Twitter-(Un-)Bekannten den Gedanken ein Jetzt entfolge ich diesem Typen aber mal, das tu ich mir nicht länger an; aber dann sagte ich mir: Nee! Wir werden uns jetzt mal schön virtuell zusammensetzen und das ausdiskutieren. Ich will schließlich nicht in denselben Fehler verfallen, den ich ihm (und Anderen) ankreide. Merke: "Du bist doof" ist kein Argument. Versuchen wir's also mal mit Argumenten.


Hm. Dass die Deutschen zu wenige Kinder bekommen, habe ich als Argument gegen Abtreibung bisher nur äußerst selten gehört, und ich würde mal behaupten, das kann bestenfalls ein sehr nachrangiges Argument sein. Andere, gewichtigere Gründe, gegen Abtreibung zu sein, fasst @DudeMinds jedoch lapidar als "Gottbla" zusammen. Dazu ist zweierlei zu sagen:

1. Der Begriff "Gottbla" gibt zu verstehen, dass @DudeMinds religiöse Begründungen für ethische Normen als nicht diskussionswürdig ansieht. Damit verkennt er jedoch, dass für die Ethik gläubiger Menschen - die, das sei betont, außerhalb der Piraten-Filterbubble die große Mehrheit der Menschheit ausmachen - religiösen Begründungen naturgemäß eine zentrale Bedeutung zukommt. Darf man das Verkennen dieser Tatsache ignorant finden? Ich glaube schon.

2. Überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wird, dass es sich bei dem hier angesprochenen "Gottbla" - wenn wir uns mal auf spezifisch christliches "Gottbla" konzentrieren - im Kern um das 5.Gebot, "Du sollst nicht töten", handelt; ein Gebot, dem auch viele nichtreligiöse Menschen, sogar Piraten, eine grundsätzliche Berechtigung wohl kaum absprechen werden. Dieses Gebot auch auf das Thema Abtreibung anzuwenden, setzt die Auffassung voraus, dass auch ein menschlicher Embryo oder Fötus bereits ein Mensch mit eigenen Rechten ist - und dies ist eine Auffassung, zu der man sehr wohl auch ganz ohne religiöse Begründungen gelangen kann.
Aber okay: @DudeMinds zieht es vor, sich ganz auf das "bevölkerungspolitische" Argument zu konzentrieren - und folgert mit bemerkenswerter Logik, wer aus diesem Grund gegen Abtreibung sei, der könne oder dürfe nicht gleichzeitig gegen das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare und/oder gegen Zuwanderung sein. - Da ich prinzipiell und im Allgemeinen kein Gegner von Zuwanderung bin, will ich mich bei diesem Punkt nicht lange aufhalten, aber so viel sei doch gesagt: Für die Auffassung, Deutschland könne bzw. solle zur Lösung seines Demographieproblems nicht allein oder vor allem auf Zuwanderung setzen, dürfte es genügend teils mehr, teils weniger überzeugende Argumente geben, über die man mal reden könnte, statt einfach zu dekretieren "Wer meint, in Deutschland gebe es zu wenige Kinder, dem hat gefälligst jedes Mittel recht zu sein,das zu mehr Kindern führt".

Was das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare damit zu tun haben soll, ist mir vollends schleierhaft. Adoption - egal durch wen - führt schließlich nicht dazu, dass es mehr Kinder gibt. Und da die Zahl der adoptionswilligen Paare schon jetzt die Zahl der zur Adoption stehenden Kinder um ein Vielfaches überschreitet, führt eine Ausweitung des Adoptionsrechts auf bisher davon ausgeschlossene Personengruppen, nebenbei bemerkt, auch nicht dazu, mehr elternlosen Kindern zu einer Familie zu verhelfen. Fazit: Was @DudeMinds in diesem Tweet zusammenschreibt, ergibt keinen Sinn. Überhaupt keinen. Schauen wir uns seinen nächsten an.


Eins vorweg: Ich bin kein Freund der Parole "Abtreibung ist Mord". Mit Verfechtern dieser Aussage könnte man darüber sprechen, dass der Begriff "Mord" im deutschen Recht sehr eng und genau definiert ist, und die Frage diskutieren, ob oder unter welchen Umständen eine Abtreibung die Kriterien für "Mord" erfüllt; aber lassen wir das. Viel entscheidender finde ich, dass derartige Äußerungen weder einer Frau helfen, die sich durch eine ungewollte Schwangerschaft in einer Notlage sieht, noch auch ihrem ungeborenen Kind. Not täte es vielmehr, den betreffenden Frauen auf liebe- und verständnisvolle Weise Mut dazu zu machen, sich für ihr Kind zu entscheiden. - Dies festgestellt habend, ärgert mich an @DudeMinds' Einlassung vor allem die Unschärfe seiner Kritik: Wer sollen denn diese Leute sein, die einerseits gegen Abtreibung eintreten, andererseits aber "Waffendeals aushandeln"? Bei meinen bisherigen Teilnahmen am "Marsch für das Leben" hatte ich nicht den Eindruck, mich auf einem Betriebsausflug internationaler Waffenhändler zu befinden.

Aber auch wenn sich konkrete Personen oder Personengruppen benennen ließen, auf die diese Kritik zutrifft, bliebe die Frage: Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? - Zugegeben, mit Kritik am Waffenhandel rennt man bei mir durchaus die eine oder andere offene Tür ein. Wenn jemand Waffen an jemanden verkauft, von dem er wissen oder mit triftigen Gründen vermuten könnte, dass dieser mit diesen Waffen Verbrechen begehen wird - gleich ob es sich um Einzelpersonen oder um Staaten bzw. Regierungen handelt -, dann bin ich sehr wohl der Meinung, dass man dem Waffenverkäufer eine Mitschuld an den Verbrechen zuerkennen kann, die mit diesen Waffen begangen werden. Andererseits ist irgendwo schon was Wahres dran an dem ollen Spruch Guns don't kill people, people kill people. Waffen können nicht nur dazu eingesetzt werden, Unrecht zu begehen, sondern auch dazu, Unrecht zu verhindern. Besser wäre es allemal, wenn dies auch ohne Waffen möglich wäre; aber deshalb würde ich noch nicht behaupten wollen, dass die Herstellung, der Verkauf oder der Besitz von Waffen immer und ausnahmslos etwas Verwerfliches wäre.

Erheblich mehr fällt mir allerdings zu diesem Tweet ein:


Dass mir dazu so viel einfällt, liegt natürlich nicht zuletzt daran, dass @DudeMinds hier mal wieder auf engstem Raum allerlei verschiedene Dinge in einen Topf wirft. Fangen wir mal vorne an: bei der Überbevölkerung. Dass "der Planet [...] wegen Überbevölkerung aus allen Nähten" platzt - wer wollte das bestreiten? Lernt man ja schon in der Schule. Ich hab's auch gelernt, in der neunten Klasse, bei einer Erdkundelehrerin, vor deren fragwürdiger fachlicher Kompetenz mich schon mein älterer Bruder gewarnt hatte. Diese Lehrerin brachte uns u.a. die Thesen von Robert Malthus (1766-1834) nahe, der in seinem 1798 erschienenen Essay on the Principle of Population eine Bevölkerungsexplosion prognostizierte (oder prophezeite?), mit der die Nahrungsmittelproduktion nicht werde Schritt halten können, sodass eine Verelendung großer Massen vorprogrammiert sei. Was uns nicht beigebracht wurde, war die Tatsache, dass Malthus' phantasievolle Berechnungen der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung von der Geschichte längst widerlegt sind. - Zugegeben: Auch wenn die Realität weit hinter Malthus' Spekulationen zurückbleibt, ist es kaum zu leugnen, dass die Weltbevölkerung in den letzten Jahrhunderten um ein Vielfaches schneller gewachsen ist als je zuvor, und es liegt auf der Hand, dass das allerlei Probleme ökologischer wie auch sozioökonomischer Art mit sich bringt. Aber daraus den Schluss zu ziehen, in absehbarer Zeit sei der Punkt erreicht, an dem die Erde einfach voll sei und keinen Platz mehr für weitere Menschen habe, erscheint mir dennoch fragwürdig (auch wenn einem solche Gedanken durchaus mal kommen können, wenn man morgens in die U-Bahn einsteigen will und nicht mal mehr einen Stehplatz bekommt).

Das besonders Perfide an dem von Malthus inspirierten Überbevölkerungsdiskurs ist, dass es immer die Anderen sind, von denen es zu viele gibt. Die Menschen in der früher so genannten "3. Welt" vor allem. Die sollen gefälligst aufhören, sich so ungehemmt zu vermehren, dann müssten auch nicht so viele von ihnen verhungern. Malthus sprach in diesem Sinne von dem "Tisch, der nicht für alle gedeckt ist": Der Mensch, für den es nicht genügend Nahrung gibt, hat auch kein Recht zu leben. Man muss durchaus kein Katholik sein, um sich angesichts eines solchen Gedankenguts mit Grausen zu winden.

Aber nur mal versuchsweise angenommen, die Überbevölkerung wäre nicht nur ein misanthropisches und tendenziell rassistisches Phantasma, sondern Realität: Glauben @DudeMinds und seine Gesinnungsgenossen (ich will nicht die ganze Zeit so tun, als wären das nur die Auffassungen eines einzelnen Neuköllner Piraten) denn tatsächlich, man könnte diese Überbevölkerung mit Kondomen eindämmen? Das kann man doch wohl bestenfalls naiv nennen. Die Menschen bekommen doch nicht deshalb (oder hauptsächlich deshalb) Kinder, weil sie einerseits "gern schnackseln" (G. v. Thurn und Taxis), andererseits aber keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben. Sicher ist es nicht zu bestreiten, dass das Zusammentreffen dieser beiden Umstände immer mal wieder zur Zeugung von Kindern führt, die sonst wohl ungezeugt geblieben wären; generell aber, das wage ich zu behaupten, wollen die allermeisten Menschen Kinder - aus einer Vielzahl von verschiedenen Gründen, die ich hier wohl nicht einzeln herzuzählen brauche. In Indien versuchte man in den 70er Jahren dem rapiden Bevölkerungswachstum dadurch zu steuern, dass man denen, die sich freiwillig steriliseren ließen, Prämien wie Transistorradios oder Nähmaschinen versprach. Die Kampagne war wenig erfolgreich: Im Zweifel wollten die Leute doch lieber Kinder als Radios.

Und dann: "Kondome verbieten"? Wer verbietet denn Kondome? - Na, die Katholische Kirche doch, wird man mir antworten. Okay, ich weiß schon, wie das gemeint ist, aber "verbieten" scheint mir hier nicht ganz das richtige Wort zu sein. Mal abgesehen davon, dass es natürlich ein Kirchenrecht gibt, das für Verstöße auch Sanktionen vorsieht - aber das ist ein anderes Thema -, kann die Kirche im Grunde niemandem etwas verbieten. Sie kann lediglich feststellen, dass bestimmte Verhaltensweisen sündhaft sind. Und natürlich sind gläubige Katholiken gehalten, die Sünde zu meiden. Gesündigt wird trotzdem tagtäglich, wenn nicht durch den Gebrauch von Kondomen, dann durch Anderes, oft Schlimmeres. Hier wie stets gilt der Satz "Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein". Das ständige Herumgehacke auf dem Kondom-"Verbot" der Kirche empfinde ich als irreführend, und offen gestanden, es langweilt mich.

Und schließlich: Warum "verbietet" die Kirche, @DudeMinds' Verständnis zufolge, Kondome? - "Weil da irgendwas in einem alten Buch drin steht". Diese wegwerfende Haltung gegenüber "alten Büchern" finde ich recht bezeichnend für die Piraten-typische Verachtung alles Hergebrachten. "Alte Bücher" sind einfach Altpapier. Brauchen wir nicht mehr, wir leben schließlich im 21. Jahrhundert, badabäm. - Entschuldigung, aber das ist einfach dumm.

Mit dem "alten Buch" in seiner Einlassung meint @DudeMinds übrigens allem Anschein nach die Bibel. Da muss ich ihn aber enttäuschen: In der Bibel steht nichts von Kondomen. Über coitus interruptus steht etwas in der Bibel, aber die einschlägige Episode aus dem Buch Genesis eignet sich auch nur bedingt dazu, daraus eine grundsätzliche Aussage zur Empfängnisverhütung abzuleiten. Hier geht es nämlich um den alten jüdischen Brauch der Schwager- oder Leviratsehe, dem zufolge kinderlose Witwen ein Anrecht darauf hatten, dass der nächstjüngere Bruder des verstorbenen Mannes ihnen zu einem Nachkommen verhilft, der dann rechtlich als Kind des Verstorbenen gilt. Und gegen dieses Recht verstößt der Onan (!) der besagten Bibelstelle, indem er "seinen Samen zur Erde verschwendet". - Die Unterstellung, die Haltung der Kirche zur Empfängnisverhütung gründe sich auf unreflektierte Übernahme von etwas, das "in einem alten Buch drin steht", greift also zu kurz (schließlich "verbietet" die Kirche, meines Wissens zumindest, auch nicht das Tragen von Kleidung aus Mischgewebe). - Nun gut, vielleicht meint @DudeMinds mit dem "alten Buch" auch die Enzyklika Humanae vitae Pauls VI. - die ist schließlich auch schon über 45 Jahre alt und damit aus Piratensicht geradezu vorsintflutlich. - Was will ich damit sagen? Dies: Betrachtet man Positionen der Katholischen Kirche zur Empfängnisverhütung oder auch zu anderen sexualethischen Fragen isoliert, losgelöst von ihrem Begründungszusammenhang, also dem ihnen zu Grunde liegenden Menschenbild, dann kann man sie vielleicht nicht anders als abstrus finden. Nimmt man diesen Begründungszusammenhang hingegen zur Kenntnis, hat man immer noch die Freiheit, anderer Meinung zu sein, hat aber immerhin eine bessere Basis für sein Urteil. -- Aber vielleicht ist das schlicht zu mühsam. Mühsamer allemal, als sich einfach darüber lustig zu machen, wie bekloppt das alles ist.

So, jetzt habe ich so viel über ein paar kurze Tweets von @DudeMinds geschrieben, dass es mir ratsam erscheint, allmählich mal zum Schluss zu kommen. Dabei wollte ich eigentlich noch auf eine Kontroverse zwischen Jungen Piraten und Junger Union über die Forderung nach rezeptfreier Abgabe der "Pille danach" und dann auch noch auf einen exemplarisch ignoranten Kommentar des Wiener Standard zu Papst Franziskus' Aussagen über Homosexualität und Abtreibung eingehen, aber das verschiebe ich dann wohl lieber in einen eigenständigen Beitrag. Auch wenn das ein bisschen schade ist, denn nun sieht es so aus, als wollte ich mit diesem Artikel ausschließlich auf den armen @DudeMinds eindreschen. Was natürlich unfair wäre, denn, wie immer er selbst das sehen mag: Was er da äußert, sind ja nicht seine Gedanken. Er hat diese Denke halt "gelernt" und weiß es nicht besser. Da Äußerungen auf Twitter per definitionem öffentliche Äußerungen sind und somit auch der öffentlichen Kritik unterliegen, habe ich zwar durchaus keine moralischen Bedenken, @DudeMinds hier namentlich als Kronzeugen für Auffassungen heranzuziehen, die ich kritikwürdig finde; trotzdem möchte ich sicherheitshalber betonen, dass ich ihm persönlich nicht feindlich gesonnen bin. Wie auch, ich kenne ihn ja überhaupt nicht. -- Oder, siehe Einleitung, anscheinend ja wohl doch - ich weiß bloß nicht mehr, woher...

5 Kommentare:

  1. Im Gegensatz zu einem Kind in einer Vater-Mutter-Gruppierung, erleidet das in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung heranwachsende Kind eine gewisse Deprivationssituation, da ihm der enge Kontakt mit der Gegengeschlechtlichkeit verwehrt bleibt und somit eine Art Freiheitsentzug vorliegt.
    Hirnphysiologische Gegebenheiten weisen auf die Bedeutung gegengeschlechtlicher Erziehung und damit auf die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit gegengeschlechtlicher Spiegelung für spätere Stressverarbeitung, Bindungsfähigkeit und emotionale Zwischenmenschlichkeit hin.

    Eine wesentliche neurophysiologische Basis für dieses wichtige Verhalten stellen die so genannten Spiegelneuronen dar, welche zur Grundausstattung des Gehirns gehören. Sie geben bereits dem Säugling die Fähigkeit mit einem Gegenüber Spiegelungen vorzunehmen und entsprechen so dem emotionalen Grundbedürfnis des Neugeborenen. Man geht davon aus, dass diese Spiegelneurone zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr voll entwickelt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Fähigkeit zu spiegeln optimal und intensiv im familiären Bezugskreis (Mutter oder Vater) genutzt wird. Wie bei allen Nervenzellen im Entwicklungsstadium gegeben, gehen auch die Spiegelneuronen bei mangelnder Anregung zu Grunde ("Use it or lose it").
    [siehe Kapitel „Kinder – Die Gefährdung ihrer normalen (Gehirn-) Entwicklung durch Gender Mainstreaming“ im Buch: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 4. erweiterte Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2014]

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  2. "Not täte es vielmehr, den betreffenden Frauen auf liebe- und verständnisvolle Weise Mut dazu zu machen, sich für ihr Kind zu entscheiden."

    Wie ist diese Aussage genau zu verstehen? Schwerpunkt der Fragestellung liegt hier auf der Begrifflichkeit "Not".
    Sind Frauen in vermeintlichen "Notlagen" zu entmündigen, da eine Entscheidung einzig gegen Abtreibung sein kann?
    Wie wird die Entscheidung zum Abbruch einer Schwangerschaft definiert, wenn eine Entscheidung für eine Schwangerschaft "Mut" ist?
    Was ist die Kritik an medizinisch-wissenschaftlichen Beratungen, die es dabei belässt und Frauen in der Freiheit der Entscheidung unterstützt?

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    1. Danke für die differenzierte Nachfrage, und Entschuldigung, dass ich erst jetzt dazu komme, darauf zu antworten.
      Zum Stichwort "Not": Ja, ich gehe tatsächlich davon aus, dass eine Frau, die eine Abtreibung in Erwägung zieht, sich (zumindest subjektiv) in einer NOTlage befindet. Jedenfalls mag ich mir nicht vorstellen, dass irgend jemand eine solche Entscheidung leichten Herzens trifft. (In diesem Sinne möchte ich es auch verstanden wissen, dass ich von "Mut machen" sprach: Ich denke, es muss etwas mit Angst zu tun haben, wenn eine Frau eine ungeplante Schwangerschaft als so schlimm empfindet, dass sie sich lieber einer Abtreibung unterzieht.) Eine Notlage, und zwar eine akut lebensbedrohliche, ist es aber auch für das ungeborene Kind; und auch wenn selbstverständlich jeder einzelne Fall ein ganz individuelles Schicksal ist, würde ich sagen, bei rund 100.000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland handelt es sich auch um ein gesamtgesellschaftliches Problem.
      Und da wären wir dann bei der Frage der Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit. Das Problem ist, dass die Entscheidung einer Schwangeren für oder gegen eine Abtreibung eben nicht nur eine Entscheidung über den eigenen Körper bedeutet, sondern auch über Leben und Tod eines anderen Menschen. Jedenfalls dann, wenn man - wie ich oben ausgeführt habe - davon ausgeht, dass ein menschlicher Embryo bereits ab dem Zeitpunkt der Zeugung ein Mensch mit eigenen Rechten ist. Ist das so, dann haben Staat und Gesellschaft die Verpflichtung, das Leben dieses Menschen zu schützen. Das geht jedoch natürlicherweise nicht gegen den Willen der Mutter.
      Selbstverständlich ist das ein Dilemma, für das es keine einfachen Lösungen gibt. Ich denke damit aber ausreichend begründet zu haben, weshalb ich der Meinung bin, dass es das Ziel einer Schwangerenkonfliktberatung sein sollte, das Leben des ungeborenen Kindes zu erhalten.

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  3. "Das geht jedoch natürlicherweise nicht gegen den Willen der Mutter." Und wie das geht. Genau dafür gibt es in Deutschland Jugendämter. Ihr Lebensrecht ist doch auch nicht davon abhängig, ob Sie sich mit Ihren Eltern gut stellen. Wir leben doch nicht im Don Karlos.

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    1. Natürlich hängt das LebensRECHT nicht vom Willen der Eltern ab. Das faktische Überleben jedoch in vielen Fällen sehr wohl. Das Jugendamt kommt wohl auch frühestens dann ins Spiel, wenn das Kind bereits geboren ist. -- Im Grunde wollte ich mit der beanstandeten Formulierung lediglich aussagen, dass es praktisch unmöglich ist, eine Frau gegen ihren Willen zum Austragen einer Schwangerschaft zu *zwingen*.

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