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Donnerstag, 17. Juli 2014

Keine Atempause - Geschichte wird gemacht! (II)

Noch keine Woche ist vergangen seit der offiziellen Bekanntgabe der Ernennung Kardinal Woelkis zum Erzbischof von Köln. Bis zu seiner feierlichen Amtseinführung sind es noch rund zwei Monate, und die Sedisvakanz im Erzbistum Berlin hat offiziell noch nicht einmal begonnen. Trotzdem dreht sich das Bischofskarussell schon jetzt mit beeindruckendem Tempo. Und wer profitiert am meisten davon? - Richtig: die Umzugsunternehmen!


Diese amüsante Meldung, die das Erzbistum Berlin via Twitter und Facebook verbreitete, ist allerdings mitneffen der Hauptgrund dafür, dass ich mich innerhalb so kurzer Zeit schon zum zweiten Mal zu einem Update zum Thema Wird Tebartz-van Elst neuer Erzbischof von Berlin? veranlasst sehe. Die viel bedeutendere Neuigkeit lautet: Der als möglicher Woelki-Nachfolger in den Medien hoch gehandelte Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München-Freising, WILL NICHT NACH BERLIN! Das berichtet die Katholische Nachrichtenagentur (KNA). Anlässlich eines Treffens der Freisinger Bischofskonferenz mit dem evangelischen Landeskirchenrat in München habe Marx auf die Frage eines Journalisten, ob er nach Berlin gehen oder in München bleiben werde, geantwortet: "Selbstverständlich bleibe ich in München."

Darüber, was von dieser Versicherung zu halten ist, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Ich persönlich halte es zwar - aus Gründen, die ich unlängst bereits dargelegt habe - für durchaus glaubwürdig, dass Kardinal Marx nicht besonders erpicht darauf ist, seinen Posten in München für Berlin aufzugeben. Andere meinen, Marx agiere hier "wie ein Politiker"; mit seinem Dementi wolle er, solange über die Woelki-Nachfolge in Berlin noch nicht entschieden sei, lediglich die Münchner beruhigen bzw. bei Laune halten, die sowieso schon - bedingt durch die zahlreichen anderen Ämter des Erzbischofs - "so wenig von ihm haben". Ähnlich habe sich zudem auch Kardinal Woelki über Berlin geäußert, ehe er dann doch nach Köln berufen wurde.

Nun gut: Sicher wissen kann man vorläufig noch nicht, ob Kardinal Marx nicht insgeheim doch nach Berlin will. Womöglich weiß er es noch nicht einmal selbst mit Sicherheit - man mag da an manch einen CSU-Granden denken, der nach einem Wahlsieg im Bund vor der Entscheidung steht, ob er wirklich sein beschauliches Dasein in Bayern aufgeben soll, um einen Posten in der Bundesregierung anzustreben. -- Was aber, wenn Kardinal Marx' Absage an Berlin tatsächlich eine definitive Absage war?


Tja: Es ist mal wieder soweit. Ein Gespenst geht um in Deutschland. Das Gespenst einer Badewanne. Und es beeinflusst zunehmend die Diskussionen um den geplanten Umbau der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale.


Genau dies - dass "alles besser" sei als eine "Kirche ohne Kniebänke" - ist allerdings wiederum ein Punkt, an dem die Meinungen auseinander gehen. Pater Bernd Hagenkord SJ beispielsweise, der Leiter der deutschsprachigen Sektion von Radio Vatikan, lobt in einem Beitrag seines Blogs Laudetur Jesus Christus den umstrittenen Entwurf für die Neugestaltung der Hedwigskathedrale dermaßen über den grünen Klee, dass man denken könnte, der Architekt wäre sein Schwager. Aber okay, de gustibus non est disputandum; viel interessanter an Pater Hagenkords Blogbeitrag finde ich ein Detail, auf das ich via Twitter aufmerksam gemacht wurde:


In der Tat schreibt Pater Hagenkord:
"Mir gefällt diese Umgestaltung. Bei deren Vorstellung kam aber auch gleich die Frage nach den Kosten und nach der Finanzierung, der Name 'Limburg' fiel ebenfalls und gerade jetzt muss man sich diesem Argument stellen, auch wenn es billig daher kommt, das eine mit dem anderen aufrechnen zu wollen." 
Die Aussage kommt ein wenig kryptisch daher, man weiß nicht genau, ob die Neugestaltung von St. Hedwig nun billiger oder teurer werden soll als das Diözesane Zentrum St. Nikolaus in Limburg und wem man dann daran die Schuld geben will, aber das macht ja auch nichts, denn man soll ja nicht "das eine mit dem anderen aufrechnen". Dass dem geneigten Leser hier rein assoziativ der Gedanke kommen kann, für die anstehenden Aufgaben im Erzbistum Berlin sei Bischof Tebartz-van Elst genau der richtige Mann, hat Pater Hagenkord gewiss nicht beabsichtigt, aber das macht diesen Lapsus nur umso auffälliger.

Eine ähnlich interessante assoziative Verbindung zwischen TvE und Berlin stellte der Internet-Comedian Robert Michel alias Rob Vegas in einem Beitrag seines von über 61.000 Nutzern abonnierten Twitter-Accounts @BonitoTV her, und zwar im Zusammenhang mit der Empfangsfeier für die siegreiche deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei deren Heimkehr von der WM in Brasilien:


Einschlägige Reaktionen aus der Blogoezese und ihrem Umfeld ließen nicht auf sich warten:



Tja, wenn's nur so gewesen wäre! Aber egal ob fragwürdige Bauprojekte in Sakralbauten oder Gaucho-Tänze auf der Fanmeile, ein Eindruck verfestigt sich mehr und mehr:


Kann es unter solchen Umständen Zufall sein, dass ausgerechnet jetzt ein neues Buch über den Fall Tebartz-van Elst erscheint? In einer Vorab-Rezension der schon erwähnten KNA heißt es zwar, es gehe nicht darum, "Tebartz-van Elst zu desavouieren oder erneut zu skandalisieren"; aber gleichzeitig entsteht der Eindruck, die tatsächliche Agenda der Autoren gehe darüber noch weit hinaus. So meint Mitautor Gregor Maria Hoff, Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie in Salzburg, "dass das System der Bischofsernennung in der katholischen Kirchen an seine Grenzen gekommen ist":
"Vielleicht ließe sich ernstmachen mit einer aktiven Beteiligung des Volkes Gottes an der Bestimmung der Bischöfe? Weitermachen wie bisher ist kein Weg."
Schon klar: Hoch auf dem Mehr-Demokratie-Wagen sitz' ich beim Schwager vorn.Vorwärts die Rosse traben, lustig schmettert das Horn. Wie es aussehen könnte, wenn Bewerber um ein Bischofsamt künftig öffentlich Wahlkampf betreiben würden, darauf gönnt uns derweil der Trierer Bischof Stephan Ackermann, der - nachdem er in Köln nicht zum Zuge gekommen ist - auch für das Erzbistum an der Spree ins Gespräch gebracht wurde, einen Vorgeschmack. Um einmal mehr zu demonstrieren, wie modern, aufgeschlossen und allgemein total unverkrampft er ist, trat er jüngst bei einer Veranstaltung es Lesben-und Schwulenverbandes Saar auf - und auch hier berichtete die KNA. "Erstmals stellte sich [...] ein katholischer Bischof öffentlich den Fragen von Lesben und Schwulen" -- wirklich erstmals? Na ja, nicht ganz - "ähnliche Gespräche" hat es "beispielsweise auch schon im Erzbistum Berlin [!!!] oder im Bistum Essen gegeben", aber das war halt doch irgendwie was Anderes, oder zumindest muss man das behaupten, damit diese Veranstaltung als etwas Neues und Ackermann somit als Trendsetter dasteht. Ob die Charmeoffensive gegenüber der LGBTTIQ-(oder wie die jetzt vollständig heißt)-Szene vom gewünschten Erfolg gekrönt sein wird, bleibt indessen abzuwarten; schon der KNA-Bericht lässt den Eindruck entstehen, dass die Teilnehmer der Diskussion den hippen Jungbischof nicht ganz so sehr zum Knuddeln fanden, und warten wir erst mal ab, wie nichtkirchliche Nachrichtenportale Ackermanns Performance beurteilen werden...

Aber gehen wir einstweilen mal beruhigt davon aus, dass über die Neubesetzung des Erzbischöflichen Stuhls zu Berlin auch künftig gemäß Artikel 6 des Preußischen Konkordats von 1929 entschieden wird  und nicht per Online-Voting. Und das ist auch gut so, denn andernfalls könnte womöglich die abgefahrene, allerdings offenbar satirisch gemeinte Idee des Berliner Zeitungs-Redakteurs Jan Thomsen Wirklichkeit werden, Nachfolger Kardinal Woelkis als Erzbischof von Berlin könne oder solle der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit werden. Sehr witzig, Herr Thomsen! Ausgerechnet Wowereit -- jemand, dem man in Hinblick auf selbstherrliches Auftreten, Beratungsresistenz, fragwürdige Finanzpraktiken und explodierende Kosten bei Bauprojekten ein noch erheblich schlechteres Zeugnis ausstellen müsste als... äh... wem nochmal? 

Genau.


(Fortsetzung folgt. Will ich doch mal annehmen.)


1 Kommentar:

  1. Sehr gute Zusammenfassung bisher. So bleiben wir auf dem laufenden. Aber der letzte Tweet von Annuntiator bringt mich nach Lektüre dieses Artikels
    http://www.erzbistum-muenchen.de/Page006352_27034.aspx
    doch auf die Idee, ob der Kardinal Marx in München schon anfängt an den kleinen Rändern zu üben, damit er in Berlin mit den großen Rändern weitermachen kann?

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