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Freitag, 15. September 2017

Das fremde Bett

Ich weiß gar nicht, wie oft ich in der U-Bahn schon dieses Werbeplakat gesehen habe; und jedesmal hat es mir ein mindestens innerliches Kopfschütteln entlockt. Gestern habe ich dann mal die Gelegenheit genutzt, ein Foto davon zu machen. 



"Kaufen Sie dieses Bett! Es ist sehr gut! Im Bettkasten gibt es so viel Stauraum, da passt sogar ein heimlicher Liebhaber rein!" 

Prima, dann muss er, wenn der Ehemann unerwartet nach Hause kommt, nicht wieder in den Kleiderschrank wie sonst immer. Denn da riecht es nicht nur nach Mottenkugeln, sondern wenn man Pech hat, steckt da bereits jemand drin. Zum Beispiel der halbwüchsige Sohn des Hauses, der seinen Aufklärungsunterricht mit ein bisschen Live-Anschauungsmaterial unterfüttern möchte. Und wenn er zufällig gerade neue Fußballschuhe braucht, erpresst er den Kleiderschrankflüchtling womöglich, indem er vorgibt, niesen zu müssen. Man kennt das. 

Dass das Thema Ehebruch in der Dichtung der Menschheit zu allen Zeiten und auf allen Niveaustufen sehr prominent ist und zuweilen sogar geradezu glorifiziert wird, ist ja eine recht bemerkenswerte Tatsache; was der studierte Theaterwissenschaftler in mir aber besonders interessant findet, ist der Umstand, dass dieses Thema - und zwar auch schon seit der Antike (Menander, Plautus, Terenz) - gerade als Komödien- bzw. Schwankmotiv so beliebt ist. Wer soll das eigentlich lustig finden, und warum

Ohne hier allzu akademisch werden zu wollen, möchte ich mal die These aufstellen, dass ursprünglich der Ehemann die lächerliche Figur in dieser Konstellation war. Der alte, impotente, unfruchtbare Mann, der die schöne junge Frau hortet wie der Drache das verwunschene Gold. Mythologisch gesehen repräsentiert er den Gott des Winters, dem die Frau (=die Erde) ausgespannt werden muss, damit im Frühjahr alle Knospen springen. In der bürgerlichen Gesellschaft schwand allerdings das Verständnis für diesen mythologischen Hintergrund, und außerdem wurde das Theaterpublikum zunehmend von angegrauten Honoratioren dominiert, die sich der Treue ihrer oft sehr viel jüngeren Frauen auch nicht so ganz sicher waren. Und im Zuge dieser Entwicklung wird dann der Liebhaber zur lächerlichen Figur, indem er in peinliche und unwürdige Situationen gebracht wird wie die, sich im Kleiderschrank (oder eben im Bettkasten) verstecken zu müssen. Das Gelächter über solche Szenen wurde also quasi zur Rache des gehörnten Ehemanns. Eine etwas armselige Rache, möchte man meinen. 

Davon aber mal ganz angesehen, frage ich mich, ob die Werbebotschaft dieses Plakats wirklich so ein gelungenes Verkaufsargument ist. Man stelle sich vor, ein Ehepaar - oder meinetwegen auch ein in eheähnlicher Gemeinschaft lebendes Paar - sieht dieses Plakat, und die Frau sagt zum Mann: 
"Du, lass uns so ein Bett kaufen!" 
Was der dann wohl denkt... 



2 Kommentare:

  1. Hinzu kommt: Das Plakat ist uralt. Die Firma regale hatte es bereits vor ca. 30 Jahren, und schon damals fand ich - damals in den 20ern - saublöd, auf eine vertrackte Weise lust- und frauenfeindlich, männerfeindlich aber auch irgendwie.
    Vielleicht rührt es daher, daß ich bei dieser Firma weder ein Bett noch sonst ein Möbel gekauft habe.

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  2. Zum Thema "witzige Ehebruchsszene" mit dem Sonderbonus "eigentlich Nicht-Ehebruchs-Szene" verlink ich mal schnell hierhin:

    https://www.youtube.com/watch?v=SskViZO6XrI&index=5&list=PLKIGL11iGIN6m4dqLpb1vplgWPA_vWQS9

    ab 4:10 (Szenerie wechselt)

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